Stefan Rutishauser

Galgano 

Wir waren den ganzen Tag schon unterwegs. Unser kleines weisses Auto fuhr tapfer durch die Toscana. Sanfte Hügel, Wiesen, Wälder und immer wieder mal ein Dorf. Keine Kühe. Nur Werbetafeln am Strassenrand, die für diesen harten italienischen Käse werben, den Parmesan. Woher haben die Italiener bloss ihre Milch! Von den Dänen? Irgendwann dann später Galgano. Die Klosterkirche ohne Dach. Verkauft, verraten. Das Gras zertrampelt von lauten Touristen, die ständig am Handy hängen und nichts mitbekommen von der sakralen Schönheit. 

Tod in Venedig I

Früh am Morgen mit dem Zug in Venedig ankommen, ist grossartig. Früher ging das, jetzt hat die SBB die meisten Nachtzüge abgeschafft. Die Stadt erwacht langsam. Noch sind die Touristen nicht da. Die ersten Händler ziehen ihre Handwagen über die Brücken und durch die schmalen Gassen. Alles ist noch ruhig. 

Nur in der Ferne hupt tief ein Kreuzfahrtschiff, das am Einfahren ist.

Tod in Venedig II

Leise plätschert das brackige Wasser im Kanal. Dumpf schlägt der hölzerne Schiffsrumpf an eine eichene Stange. Ein Fisch treibt langsam Bauch oben vorbei. Keine Eile, keine Hektik. Schmutziger Fassadenputz löst sich langsam. Stück für Stück löst sich der Stuck von der Decke im Zimmer meines Hotels in Canareggio, und leise klingt die Glocke von San Michele herüber.

 

Das Gelbe Haus

Nach gut einer Stunde Fahrt kommt das Postauto in Chiavenna beim Bahnhof an. Schnell einen Kaffee in der nächsten Bar. Und dann die Stadt erkunden. In einer kleinen Manufaktur wird gerade frische Pasta hergestellt. Die Tochter bedient die Maschinen, die ratternd und summend im Nebenraum stehen. Die Mutter verkauft. Weiter durch schmale Gassen, irgendwo ein Fluss. Ist das der, der vom Piz Cengalo kommt? Weiter geht es, immer weiter. Die Gasseöffnet sich, wird breit, wird Platz. Und da steht es. Das gelbe Haus. Eigentlich gleich beim Bahnhof.

Stampa

In Stampa sind wir eigentlich nur durchgefahren. Also eigentlich drei Mal. Aber das ist eine andere Geschichte. Hier wuchs Giacometti auf, der Bildhauer, den ich in meiner Jugend so bewundert habe. Jetzt ist er hier auf dem Friedhof begraben. Sein Grab zu besuchen macht keinen Sinn, es liegt unter hohem Schnee. Alles ist still, so still wie das Stillleben mit Apfel, das er hier gemalt hat. Vielleicht probiere ich das auch einmal.

 

 

Nach Giacometti / Segantini

Giacometti ist ja mehr als Bildhauer bekannt. Er malt aber auch ganz tolle Bilder. Viele feine Striche. Ich suche ja mehr das Abstrakte. Rothko, Scully, Twombly und so. Versuche die Farbigkeit flimmern zu lassen. Den Malprozess weiter zu treiben, bis die Stofflichkeit das Stoffliche verlässt und es unbenennbar wird. Der Anstoss zum Suchen aber ist vielmehr konkret. Ein Bild von Segantini zum Beispiel oder das Haus in Maloja.

Parma, ausserhalb 

Parma wurde wohl auf dem Reissbrett geplant. Gut bringt der Fluss etwas Dynamik hinein. Wir parkieren und laufen los, hoffen, dass wir das Auto wieder finden. Ich suche kleine Plastikbecken, die ich zum Malen benötige. Werde aber auch beim Chinesen nicht fündig.

Viele Kirchen hier, wie überall in Italien. Obwohl nicht sehr religiös, gehen wir in jede Dritte hinein. Verrauchter, grosser, hoher Raum. Woher kommt das Licht? Grosse, runde Fenster lassen Goldglanz hinein. Und die Farben des Wandbildes leuchten. Es lebt. Das, genau das habe ich gesucht. Ohne es zu wissen.

Parma

Unser Hotel war etwas ausserhalb des Dorfes. Den Namen des Ortes habe ich vergessen. Ein schöner, kleiner Ort. Unspektakulär, sieht authentisch aus. Trotz Navi haben wir das Hotel fast nicht gefunden. Es lag hinter einem geschlossenen, heruntergekommenen Einkaufszentrum. Molto Italia, das Ganze hier. Keine Touristen ausser uns. Wer übernachtet bloss in einem Hotel wie diesem hier? Auf dem Gang plärren aus versteckten Lautsprechern italienische Schnulzen. Gut wurden sie nachts abgestellt.

Pisa 
Dass der Turm schief ist, ist längst bekannt.